Grabungskampagne 2024 (19.08.-13.09.2024)
Im Jahr 2024 konzentrierten sich die Arbeiten der Universität Salzburg wie in den vergangenen Jahren auf den Nordosten Kolonnas: auf die Befestigungen und die Siedlungsreste der mittleren und späten Bronzezeit (Areale A1 und A2; siehe unten 1.) sowie auf eine kleine byzantinische Kirche an der spätrömisch-byzantinischen Befestigungsmauer im Osten (Areal A3, siehe unten 2.).
1. Die bronzezeitliche Befestigung und Siedlung im Nordosten
1.1. Die Grabung in K10
Im Westen der Äußeren Vorstadt wurden die Untersuchungen im Areal K10, die 2022 aufgrund starker Regenfälle unterbrochen werden mussten (siehe Bericht 2022), in einer verkleinerten Fläche fortgesetzt.
Unter der bereits 2022 angetroffenen fundreichen lehmigen Schicht (sog. Schuttschicht 2), die vor allem im südlichen Bereich neben Keramik und Tierknochen viele Steine, Lehmziegelfragmente und Holzkohle beinhaltete, folgte eine an der Oberseite eingeebnete kieselige Schicht mit horizontal gelagertem, kleinteiligen Fundmaterial. Sie diente als Ausgleichsschicht über dem unebenen natürlichen Felsen.
Auffällig im Fundmaterial ist eine große Anzahl an unbemalten Vorratsgefäßen und Kochtöpfen neben Herdfragmenten und tönernen Textilwerkzeugen. Die feine Keramik weist häufig Mattbemalung und vereinzelt weiße Musterbemalung sowie eine rote bis rotbraune, polierte Oberfläche auf. Vor allem in Schuttschicht 2 finden sich auch Fragmente grauminyscher Gefäße unterschiedlicher Formen.
Die Keramik aus diesen Schichten gehört den Phasen MH I spät bis MH II an. Das Fundmaterial belegt jedoch nicht zwingend eine Bebauung in der Äußeren Vorstadt im frühen 2. Jahrtausend v. Chr. Das Material könnte ebenso aus den früheren, westlicheren Siedlungsteilen stammen und hier abgelagert worden sein.
Mit dem Erreichen des geologischen Bodens konnten die Grabungen in K10 2024 abgeschlossen werden.
1.2. Die Grabung in Schnitt NO6
Innerhalb des Pi-förmigen Fundaments (M1211-M1212-M1213), das in der älteren Forschung als Altar oder Turm angesprochen wurde, vergrößerten wir den 2023 begonnenen Grabungsschnitt NO6 (vgl. Bericht 2023) nach Westen und Süden. Die Untersuchungen hatten nicht nur die Klärung und Datierung der baulichen Überreste im Pi-förmigen Fundament, sondern in erster Linie die mögliche Nachverfolgung der weiter östlich freigelegten bronzezeitlichen Mauern ST1078 und M1061 zum Ziel (siehe Bericht 2022 und 2023, Grabungsschnitt NO3). Diese beiden Mauern finden sich unmittelbar südlich der spätbronzezeitlichen Befestigungsmauer und verlaufen parallel dazu. Die mächtige, 1,60 m breite Steinstruktur ST1078 könnte einen Teil der Befestigungsanlage, eventuell eines Tores darstellen.
Bei den Grabungen 2024 konnte im Schnitt NO6_24 unter einer Verfüllung mit Grabungsschutt und sekundär verlagerten antiken Werksteinen bisher nur eine in ihrem baulichen Zusammenhang und ihrer Funktion noch nicht geklärte Lehmziegelmauer auf einem lose gefügten Steinsockel (ST1099) freigelegt werden. Schachtgräberzeitliche Keramik datiert den Bau der Mauer in die Phasen MH III/SH I. Die Untersuchungen werden 2025 fortgesetzt.
2. Areal der byzantinischen Kirche und des nördlich anschließenden Raumes
Im Osten der spätrömisch/byzantinischen Befestigungsmauer (M1031-M1032) liegt eine kleine Kirche oder Kapelle. Sie wurde aus Spolien – wenig qualitativ – errichtet und ist heute in einem schlechten Erhaltungszustand. Sie besteht aus einem kleinen Narthex im Westen mit einem Eingang in der Nordmauer. Der annähernd quadratische Hauptraum wird im Osten von einer Apsis abgeschlossen, in der noch Teile des ursprünglichen Ziegelplattenbelags des Fußbodens erhalten sind. Im Süden und im Norden schließen Räume an, deren Mauern ebenso aus Spolien bestehen und welche wohl funktional der Kirche zugeordnet waren.
2.1. Die Grabung in Schnitt NO8
2024 wurden im Grabungsschnitt NO8_24 in der Apsis der Kirche die ungestörten Schichten unter dem Ziegelboden untersucht. Es fand sich ein lockeres, nach unten zunehmend dichteres Sediment durchmischt mit kleinteilig zerbrochenem Fundmaterial der mittleren und späten Bronzezeit sowie einigen byzantinischen Keramik-, Glas- und Ziegelfragmenten. Die byzantinischen Funde sind nicht diagnostisch und ergeben keinen Anhaltspunkt für eine genaue Datierung des Kirchenbaus resp. des Ziegelbodens.
2.2. Die Grabung in den Schnitten NO7 und NO4
Im Narthex der Kirche (Schnitt NO7_24) wurden wie auch im nördlich angrenzenden Raum (Schnitt NO4_24) entlang der Befestigungsmauer M1031 eine Reihe von Gräbern freigelegt, die überwiegend Bestattungen von Säuglingen und Kindern beinhalten. Alle Gräber sind mit Ausnahme eines leicht schrägen Säuglingsgrabes (Grab 2023-04, siehe Bericht 2023) in West-Ost-Richtung angelegt.
Zu den bereits 2023 sieben identifizierten Gräbern, kamen zehn neue hinzu und die Grabtypologie konnte auf insgesamt fünf TYPEN erweitert werden:
1. Ziegelkistengräber mit flacher
Abdeckung (5 Gräber: 2023-04 bis -07, 2024-02): sie befinden sich alle an oder knapp vor der Befestigungs-mauer M1031. Sie sind nur 0,50-0,80 m lang und beinhalten teils Mehrfachbe-stattungen von Säuglingen. Sofern noch erkennbar, wurden die Säuglinge in Hockerstellung mit dem Kopf im Westen bestattet. Eine Doppelbe-stattung kann auch diametral erfolgen. Das Grab 2023-06 beinhaltete keine menschlichen Knochen (mehr?), sondern war mit drei großen Steinen gefüllt.
2. Ziegelgräber mit giebelförmiger Abdeckung (7 Gräber: 2023-01 bis -03, 2024-01, -04,
-05 und -10): sie sind bis zu 1,70 m lang und bestehen aus großen, vermutlich extra für die sepulkrale Verwendung erzeugten Ziegelplatten. Der Boden wird aus geraden vollständigen oder fragmentierten Ziegeln gebildet. Die vertikalen Stirnseiten und die schrägen, giebelförmig zueinander geneigten Längsseiten weisen verschieden stark gewölbte Ziegeln auf, die vereinzelt an der Innen- oder Außenseite „Wischzeichen“ als Markierung oder Verzierung aufweisen (parallele Bögen, Fisch). Die bisher freigelegten Gräber beinhalteten Bestattungen von Säuglingen, Kindern und einem jungen Erwachsenen. Mit Ausnahme der in Hockerlage bestatteten Säuglinge liegen die Individuen am Rücken mit dem Kopf im Westen.
3. Kistengräber aus Steinen oder aus Steinen kombiniert mit Ziegeln mit flacher Abdeckung
(2 Gräber: 2024-07 und -08): Bei 2024-07 handelt es sich um ein 2-phasiges Grab mit einer großen Ziegelkiste mit mindestens vier Säuglingen/Kleinkindern, die später im Westen mit wiederverwendeten Stein- und Ziegelplatten für vermutlich zwei zusätzliche Bestattungen erweitert wurde. Das zweite kleinere Steinkistengrab (2024-08) befindet sich nördlich davon, auf der anderen Seite der Kirchentürschwelle. Es konnte 2024 noch nicht ausgegraben werden.
4. Gemauertes Kammergrab aus Steinen und Ziegeln (1 Grab: 2024-09):
es handelt sich um das größte identifizierte Grab. Es besteht aus einer länglichen mit Mörtel gemauerten Kammer aus Steinen und Ziegeln, die 2024 noch nicht vollständig freigelegt werden konnte. Eine erste Öffnung zeigte die Überreste mehrere Individuen (adult/juvenil?). Ob es sich um ein Ossuarium handelt, werden zukünftige Untersuchungen zeigen.
5. Säuglings-Bestattungen ohne Grabbauten (2 Bestattungen: 2024-03 und die sekundäre
Grablegung auf einer Ziegeldeckplatte eines anderen Grabes 2024-06).
Von den 17 Gräbern wurden bisher nur 10 vollständig untersucht. Eine Freilegung und Bergung der restlichen Gräber sind in der Grabungskampagne 2025 geplant.
Die Gräber beinhalten keine Beigaben und auch das Fundmaterial gab bisher keinen Hinweis zur genaueren chronologischen Einordnung. Die Grabtypen deuten auf eine Datierung in die früh- bis mittelbyzantinische Zeit (6./8. bis 10. Jh.). Es lassen sich zumindest zwei Hauptphasen der Grablegungen feststellen, die beide nach der Errichtung der Befestigungsmauer und der Kirche mit dem anschließenden Räumen zu datieren sind.
3. Mauersanierung und Konservierungsmaßnahmen
Die Grabungen wurden wie in den letzten Jahren von Reinigungs- und Sanierungsmaßnahmen begleitet, die an den Baustrukturen in der Inneren und Äußeren Vorstadt dringend notwendig geworden sind.
Im Rahmen des Projektes TRIQUETRA wurden neben den Mauerrestaurierungen große Flächen der Inneren Vorstadt, die in den 1980er Jahren ausgegraben worden sind, partiell wieder aufgefüllt, um die freigespülten Unterkanten der nun sanierten Mauern nachhaltig zu schützen. Hierzu wurden die Flächen mit einem wasserdurchlässigen Bauvlies, darüber einer Lage Steine und/oder Kies und mit einer abschließenden Sandschicht bedeckt. Die Schutzmaßnahmen werden 2025 im Norden der Inneren Vorstadt fortgesetzt.
Grabungsleitung: A. Sokolicek (Universität Salzburg)
Wissenschaftliche Mitarbeiterinnen: L. Berger (Universität Salzburg, stv. Grabungsleiterin),
R. Smetana (Universität Salzburg, Fundaufnahme), A. Tanner (Universität Zürich, Baudenkmalpflege/Sanierung)
Studierende: T. Bruckmüller, B. Huber, M. Kostadinova, R. Plietl, J. Ranke, B. Schädler,
R. Schilling, T. Sobihard, S. Souri (Universitäten Salzburg, Wien, Athen und Leipzig)
Temporäre Mitarbeiterinnen: V. Tseliou, E. Plevritaki (Universität Thessaloniki, Archäobotanik);
G. Grabner (Universität Wien); T. Berger (Salzburg)
Kooperationen: A. Karathanou (Universität Thessaloniki, Archäobotanik)
Finanzierung: PLUS – Paris Lodron Universität Salzburg, TRIQUETRA project funded by the EU HE research and innovation programme
Lydia Berger – Alexander Sokolicek