Grabungskampagne 2020 (01.08.-31.08.2020)
Im August 2020 fanden eine erfolgreiche Lehrgrabung und Aufarbeitungskampagne in Ägina Kolonna statt; aufgrund der Einschränkungen und Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von Covid19 konnten allerdings nicht alle geplanten Arbeiten im gesamten Umfang durchgeführt werden. So wurden fürs Frühjahr geplante Depotarbeiten und Materialstudien, sofern möglich auf spätere Kampagnen verschoben oder wenn nötig abgesagt.
Die Sommerkampagne wurde wie jedes Jahr als archäologisches Praktikum der Universität Salzburg für Studierende archäologischer Fächer durchgeführt. 2020 nahmen Studierende aus Salzburg, Wien und Berlin teil.
Im Mittelpunkt der Arbeiten standen die Fortführung laufender Studien zur mykenischen Besiedelung, die Sanierungsarbeiten gefährdeter Mauern im Osten des Geländes und umfangreiche Vorbereitungen für geplante Forschungen zum spätrömischen und byzantinischen Kolonna.
1. Studien zu Ägina Kolonna in mykenischer Zeit
Mit der Fortführung der archäobotanischen und archäozoologischen Studien wurden wichtige Schritte für die Aufarbeitung der älteren Grabungen in K10 gesetzt. Das kleine Areal in der Äußeren Vorstadt im Osten der bronzezeitlichen Siedlung wurde von 2015 bis 2019 archäologisch untersucht (s. Berichte der jeweiligen Grabungskampagnen). Es weist stratigraphisch komplexe Straten mit mindestens zwei Zerstörungshorizonten der Phase Späthelladisch IIA (SH IIA, keramische Phase L) sowie Zeugnisse einer intensiven Nutzung des Bereiches bereits im Mittelhelladikum (MH, keramische Phase J) auf.
Die Grabungen werden im Rahmen des Folgeprojektes in den kommenden Jahren fortgesetzt.
Für die archäobotanischen Untersuchungen wurde unser Team im Sommer von vier Studierenden der Universität Thessaloniki unterstützt. Sie beendeten die Flotation der Erdproben aus den Grabungen 2019 in Kolonna. Zudem sortierten sie einen großen Teil der Flotationsreste aus den Proben der Jahre 2016-17. Die botanischen Reste aus den Flotaten aus Areal K10 werden von A. Karathanou in Thessaloniki analysiert.
Die Untersuchungen der Tierknochen und Mollusken aus den Grabungen 2016-17 von G. Forstenpointner belegten im frühmykenischen Fundmaterial aus K10 unter den zahlreichen Knochenfunden von Schaf/Ziege und Schweinen etliche verbrannte Knochen neugeborener Ferkel, die analog zu einem Befund im nahegelegenen mykenischen Agios Konstantinos auf Methana eventuell auf rituelle Praktiken schließen lassen.
Zudem traten im untersuchten Fundmaterial mehr als 6000 Funde vollständiger und fragmentierter Weichtierschalen auf, die hauptsächlich von Fächermuscheln und Purpurschnecken stammen. Letztere belegen eine intensive Produktion von Purpurfarbstoff im spätbronzezeitlichen Kolonna.
2. Studien zu Ägina Kolonna in spätrömisch-byzantinischer Zeit
2.1. Architektur
Zum ersten Mal in der Grabungsgeschichte wurden die innerhalb des archäologischen Geländes von Kolonna oberflächlich sichtbaren, spätrömisch-byzantinischen Mauerreste systematisch und zur Gänze kartiert. Die Identifizierung spätrömischer und byzantinischer Mauern folgte Kriterien der Mauertechnik (Mörtelmauerwerk; Ziegel-Stein-Mörtel-mauerwerk) und bezog sowohl bereits im Gesamtplan aufgenommene wie auch bisher unbekannte Strukturen ein. Einzelne Mauern wurden detailliert im Maßstab 1:20 und 1:50 aufgenommen. Die Maueransichten und -schnitte, Detailfotos und Beschreibungen, die im Rahmen der Lehrgrabung erstellt wurden, dienen zukünftigen systematischen Bauanalysen als Grundlage und wurden in eine Mauerdatenbank eingefügt.
Mit einer Analyse der Mauerabfolgen und Definition von Nutzungsarealen im südlichen Siedlungsgebiet konnte ein wesentlicher Schritt zur relativen Chronologie und zum besseren Verständnis der späten Siedlungsphasen erzielt werden.
2.2. Funde
Im Grabungsdepot sowie im Depot des Museums befinden sich die aufbewahrten spätrömischen und byzantinischen Funde älterer Grabungen in Kolonna. Diese wurden gesichtet und vorläufig dokumentiert. Neben einigen Amphoren und Fragmenten ritzverzierter Keramik fanden sich unter anderem sehr gut erhaltene Brotstempel mit unterschied-lichen Motiven sowie viele Fragmente kleiner Glasgefäße.
3. Sanierungsarbeiten im Osten von Ägina Kolonna
Eine wichtige Aufgabe im Rahmen der jährlichen Arbeiten ist die Konservierung der freistehenden Mauerreste. Glücklicherweise hat der Mauerzustand im Vergleich zum Vorjahr keine nennenswerten Schäden davongetragen, weshalb das Sanierungsprogramm unter der Leitung von A. Tanner wie geplant durchgeführt werden konnte.
Wie üblich wurde die erprobte Mörtelmischung aus Flusssand und natürlichem hydraulischen Kalk für die Konsolidierung der Mauern verwendet. Tief freigelegte Bereiche wurden zum Schutz der Mauerfundamente über einem schützenden Vlies mit Steinen und gesiebter Erde aufgefüllt.
Grabungsleitung: A. Sokolicek (Universität Salzburg)
Wissenschaftliche MitarbeiterInnen: L. Berger (Universität Salzburg, Stv. Grabungsleitung),
A. Tanner (Universität Zürich, Mauersanierung)
Studierende: V. Führer, G. Staudacher, C. Stiborek (alle Universität Salzburg); B. Huber
(Universität Wien); G. Graf (Universität Berlin)
Temporäre MitarbeiterInnen: Ch. Kalliontzi, Chr. Kalliontzi, G. Mpilas, P. Theodosaki (alle
Universität Thessaloniki)
Kooperationen: A. Karathanou (Universität Thessaloniki, Archäobotanik); G. Fostenpointner
(VetMedUni Wien, Archäozoologie); T. Karkanas (M. Wiener Lab ASCSA, Mikromorphologie); G. Tsartsidou (Athen, Phytolithenanalyse); C. Spiteri (Tübingen, Gefäßinhaltsanalyse)
Finanzierung: Universität Salzburg, INSTAP Philadelphia (U.S.A.)
Lydia Berger – Alexander Sokolicek